alt werden

Ist es nicht verrückt, wie schnell die Zeit vergeht? Wo sind die Zeiten hin, in denen man sich als Kind so furchtbar gelangweilt hat, und Minuten und Sekunden zähflüssig über das Ziffernblatt der Mickeymaus-Armbanduhr krochen?

Erinnerst du dich an die längste Viertelstunde im Jahr – die, in der du auf das Läuten der Glocke gewartet hast, die bestätigte, dass das Christkind jetzt da war?
Heute ist nach Weihnachten vor Weihnachten. Heiligabend, Weihnachtsfeiertag, Silvester – und dann, zack, Ostern, Sommer und schon ist Weihnachten wieder da.
Warum uns die gleiche Zeitspanne so unterschiedlich lang vorkommen kann, ist in diesem Artikel gut erklärt.

Doch heute soll es hier um etwas anderes gehen: Das älterwerden.

Wie alt möchtest du gern werden?

Früher, also so mit zwanzig, dachte ich älter als 60 möchte ich gar nicht werden.
60 – das kam mir damals schon steinalt vor, und vor allem weit, weit weg.
Dann, mit Mitte dreißig, dachte ich mir schon dass 60 gar nicht sooo alt ist, und 70 müsste schon drin sein.
Inzwischen bin ich Mitte vierzig und 80 erscheint mir durchaus angemessen. Vielleicht auch 85, wenn ich dann noch einigermaßen gut in Schuss bin. Und ich beginne mich zu fragen: Wie werden ich das in zehn oder zwanzig Jahren sehen? Wie werde ich das sehen, sollte ich einmal tatsächlich 80, 85, oder gar über 90 sein?
 
Auch mit Mitte 40 scheint es mir als hätte ich noch ewig Zeit. 60, 65 scheint mir noch ewig weg zu sein.
 
Letzte Nacht haben wir bei Oma übernachtet, denn sie ist kräftig erkältet und hatte abends Fieber bekommen.
Oma wird in ein paar Wochen stolze 96 Jahre alt. Opa ist vor 8 Jahren gestorben und seitdem lebt sie allein in ihrem Häuschen, fast 60 km von uns entfernt.
Natürlich haben wir versucht sie zu überzeugen in eine Seniorenresidenz zu ziehen, oder in eine andere Form von betreutem Wohnen. Aber so einen alten Baum verpflanzt man halt nicht einfach mal so.
Wie das für Oma weitergeht, kann ich so gar nicht sagen. Irgendwann wird vermutlich der Punkt erreicht sein, an dem sie nicht mehr alleine bleiben kann, an dem Pflegedienste und unsere Wochenendbesuche nicht mehr ausreichen. Und wie es scheint, rückt dieser Punkt unaufhaltsam näher und näher.
 

Hast du Pläne fürs Alter?

Es bleibt nicht aus, dass uns diese Erfahrungen mit Oma und auch anderen alten Menschen zum Nachdenken bringen.
„Wir müssen schauen, dass wir auf jeden Fall rechzeitig in ein betreutes Wohnen gehen“ sagte der Lieblingsmensch zu mir.
Ich hab da so meine Zweifel. Natürlich wäre das gut, und ich weiß es gibt Einrichtungen in denen man sich auch wirklich wohlfühlen kann. Aber wann genau ist rechtzeitig?
Ist 65 ein guter Zeitpunkt? Heutzutage (und vor allem bis meine Generation in dieses Alter kommt) ist man ja mit 65 vielleicht noch nicht einmal in Rente.
70 vielleicht? Es gibt einige Menschen in meinem Umkreis die gerade 70 werden oder geworden sind. Glaub mir, keiner davon sieht sich alt genug fürs Seniorenheim.
So einfach ist das also nicht. „Rechtzeitig“ scheint ein Zeitraum zu sein, den die meisten von uns verpassen.
 

 Letztendlich haben wir keinen Plan fürs Alter

Wie denn auch. Wir wissen ja gar nicht was sein wird – wie alt werden wir denn überhaupt? Werden wir gesunde 85 jährige sein, oder mit 70 bettlägrig? Erreichen wir die 70 überhaupt?

Es ist müßig sich großartig Sorgen über etwas zu machen, von dem man eh nicht weiß ob und wie es eintreffen wird.
Wir haben ein paar Ideen, Möglichkeiten oder einfach nur Gedanken, den Rest müssen wir auf uns zukommen lassen.

Wichtig finde ich es schon jetzt an meinen Einstellungen zum Leben zu arbeiten.
Oma ist nicht glücklich. Sie ist viel allein und manchmal bestimmt auch einsam. Sie hadert  mit der Tatsache, dass ihr Körper nicht mehr so recht kann. Sie kann immer schlechter laufen, manchmal knicken ihr die Beine einfach so weg, und auch die Gelenke wollen nicht mehr so recht.  Am meisten aber stehen ihr ihre Einstellungen dabei im Weg, die letzten paar Jahre zu genießen.
„Alles ist scheiße. Alt sein ist doof. Politiker sind doof. Flüchtlinge und Ausländer sind doof. Die Nachbarn sind sowieso doof und machen alles nicht richtig. Die Mieter ober ihr staubsaugen nie und lüften tun sie auch nie. Essen auf Rädern schmeckt nicht.“ Die Liste lässt sich fast endlos fortsetzen.
Es tut mir in der Seele weh, dass sie all dem Schönen und
Positiven in ihrem Leben so viel weniger Bedeutung zuspricht, und sich so auf  all den „Scheiß“ konzentriert.

Oma ist ein fabelhaftes Beispiel für mich.
Ein gutes Beispiel dafür, wie alt man werden kann, wie fit man im Kopf bleiben kann und wie gut man auch als alter Mensch noch klar kommen kann.
Und sie ist ein gutes Beispiel, wie man sich mit den eigenen Sichtweisen so fatal im Weg stehen kann.
Ich bin fest entschlossen es besser zu machen.
Haltet mir mal die Daumen ;O)